Ersetzungsantrag an A6
Antragsteller: Paul Weiß
Antragstext:
Ersetze den gesamten Beschlusstext durch:
Für die Linksjugend [`solid] Thüringen steht bei Demonstrationen gegen rechts ein breites Bündnis aller Demokrat:innen für die Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Vordergrund. Zu diesem Zweck sollen sich alle, mit Ausnahme der AFD, an diesen beteiligen dürfen, wenn sie dies wollen.
Wir sehen in den Demonstrationen gegen Rechts, den Faktor der breiten gesellschaftlichen Front gegen Faschismus, als wichtigstes Kernelement und sind davon überzeugt, dass auch Vertreter:innen von CDU und FDP dazu einen Beitrag leisten können.
Die offizielle Beteiligung von Vertreter:innen von CDU und FDP, so wie ihren Jugendorganisationen, an den aktuellen und kommenden Demonstrationen gegen Rechts (Organisation, Rederecht, Sichtbarkeit etc.) wird von uns jedoch, aufgrund ihrer vergangenen und Aktuellen gesellschaftlichen wie politischen Rolle im Umgang mit der AFD, kritisch gesehen.
Aus diesem Grund halten wir es nur für konsequent, wenn Vertreter:innen von CDU und FDP, welche sich in der Öffentlichkeit nicht kritisch mit ihrem oder/und dem diesbezüglichen Verhalten ihrer Partei auseinandergesetzt haben, in ihrer Reichweite auf Demos gegen Rechts, eingeschränkt werden.
Einschränkungen können beispielsweise sein: Rückstellung auf der Redeliste, Verweigerung an der Demoorganisation, öffentliche konkrete Kritik vor, nach und während der Demo an konkreten Personen und ihrem Verhalten.
Sollten Vertreter:innen von CDU und FDP so wie ihrer Jugendorganisationen in besonderer Weise durch Worte, Postings oder/und Taten rechte Kräfte unterstützt haben und sich nicht glaubhaft davon distanziert haben, sehen wir eine Zusammenarbeit und ein Platforming dieser Personen als unvereinbar mit unserer eigenen Partizipation, an der entsprechenden Demonstration.
Begründung
Am 01.09.2024 entscheidet sich nicht nur das politische und demokratische Schicksal Thüringens für die nächsten fünf Jahre. Bei einem umfassenden Wahlerfolg der AFD, welcher sich in aktuellen Umfragen abzeichnet, wird es zu einer erheblichen Aushöhlung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Thüringen kommen. Dies bedeutet vor allem, dass das Leben für Menschen, welche nicht in das faschistische Weltbild der AFD und ihrer Unterstützer:innen passen, zur Hölle werden wird. Spätestens seit der Enttarnung des Treffens im Landhaus Adlon lässt sich dies nicht mehr leugnen. Der anstehende Wahlkampf 01.09.2024 wird also genau das sein. Ein Kampf. Ein Kampf um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, in einer Form wie in linke und andere demokratische Kräfte in der Zukunft öfter werden führen müssen. Doch mit wem wollen und müssen wir diesen Kampf führen?
Können linke progressive Kräfte, die Parteien CDU und FDP und deren Vertreter:innen, welche in ihrem politischen Verhalten zu Normalisierung und Aufstieg der AFD beitragen, auf Demonstrationen gegen rechts dulden? Zwei Parteien, welche am 05.02.2020, mit Stimmen der AFD den FDPler Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten wählten und am 14.09.23 mit Stimmen der AFD ein Gesetz zur Grunderwerbssteuer durchpeitschten. Zwei Parteien, deren Vorsitzenden und Spitzenkandidaten nicht minder kritisch sind. Während zu Kemmerich wohl nichts weitergesagt werden muss, zeigt Mario Voigt seine politische Verwirrtheit besonders klar mit der Aussage, er werde nach den Wahlen weder mit AFD noch mit Linkspartei zusammenarbeiten. Auch wenn die CDU als politischer Koalitionspartner wohl kaum einen tragischen Verlust darstellt, ist diese Gleichsetzung von Linkspartei und der faschistischen AFD, durch den Spitzenkandidaten einer demokratischen Partei, äußerst verstörend.
Allein diese wohl bekanntesten Fakten über die Thüringer CDU und FDP machen klar. Der Parteikader dieser Parteien wird im Kampf gegen den Rechtsruck in Thüringen im besten Fall keine Hilfe sein. Sollten diese Parteien und ihre Vertreter:innen also pauschal von Demonstrationen gegen rechts ausgeschlossen werden? Als Antragssteller spreche ich mich trotz alledem dagegen aus. Zum Zweck des Einstieges bemühe ich eine Begründung, mit welcher jeder JuSo nach zwei Bier seine Partei(-mitgliedschaft) zu entschuldigen versucht. Diese lautet, dass es ja nicht nur die Partei und ihren Kader gäbe, sondern auch ihre Basis. Eine Basis, welche oft ganz anders aussieht, als ihre Partei. Auch wenn diese Argumentation kaum als Entschuldigung für eine Partei gelten kann, so hat sie jedoch auf kommunaler und gesellschaftlicher Ebene eine nicht unerhebliche Tragweite. Natürlich stellen CDU und FDP Wähler:inen, für eine Person mit links progressivem Anspruch, keine erstrebenswerten Bündnisparter:innen dar, trotzdem befinden sich diese im überwiegenden Maße, klar im demokratischen Spektrum. Ein offizieller Ausschluss von CDU und FDP von Demonstrationen gegen Rechts, würde diese, wenn auch nicht aktiv so zumindest passiv ausschließen und die Reichweite der Demonstration einschränken. Eine Einschränkung, welche wir uns bei den aktuellen Wahlprognosen nicht leisten können, sollten wir die Machtergreifung des Faschismus in Thüringen und darüber hinaus verhindern wollen.
Bedeutet das nun Einheitsfront um jeden Preis? Müssen Linke auf Demonstrationen gegen rechts jetzt einer Burgfriedenspolitik zustimmen, um rechtskonservativen Kräfte nicht zu verschrecken? Auf keinen Fall! Vertreter:innen aller Parteien müssen sich kritisch mit der Rolle auseinandersetzen, welche sie bei der Erstarkung und Legitimierung der AFD gespielt haben und korrekterweise auch darauf hingewiesen werden. Konkret bedeutet das, dass Vertreter:innen von FDP und CDU, welche öffentlichkeitswirksam an Demonstrationen gegen Rechts, gemeinsam mit uns, partizipieren wollen, sich im Vorfeld öffentlich kritisch mit ihrer Landespartei und eigenen Äußerungen auseinander zu setzen haben. Insbesondere, wenn sie bisher gegenteilig aufgefallen sind. Dies gilt auch für Vertreter:innen ihrer zugehörigen Jugendorganisationen. Sollte dies nicht erfolgen, sprechen wir uns gegen ein öffentlichkeitswirksames Partizipieren der entsprechenden Vertreter:innen aus und behalten uns vor, einen Ausschluss dieser von der Demonstration zu fordern.